Seine ersten Siege hat er bei Bergrennen eingefahren. Deshalb ist es nur folgerichtig, dass der vielleicht letzte echte Abarth auf Carlos Spuren noch einmal durch die Alpen jagt – unten summt schließlich schon die elektrische Zukunft.


Erst „La Pista“ und dann raus auf die Piste Dann geht es die spiralförmige Abfahrt hinunter und der kleine Skorpion schießt auf die Straße als wäre er eine Flipperkugel. Nach ein paar Kreiseln von ganz oben herunter ausgespuckt und in ein Spiel katapultiert, das keine Grenzen kennt. Ruck zuck verschwindet die Stadt im Rückspiegel und vor der Stupsnase türmen sich die ersten Berge auf. Ganz im Westen soll der Reigen beginnen, in Breuil-Cervinia und dann auf den Spuren der Tour de France über den Galibier und den Großen St. Bernhard in die Schweiz Richtung Gotthardt, Furka und Oberalb und dann immer weiter nach Osten. Auf und nieder immer wieder, tapfer kämpft sich der Kleinwagen mit großem Mut die Berge hinauf, und was ihm trotz der Kraftkur von 70 auf 180 PS an Leistung fehlt, macht er mit seiner Lässigkeit wieder wett und mit seinem kleinen Wendekreis. Denn wo die fetten Gran Tourer bisweilen sogar zurücksetzen müssen, kratzt der Cinquecento wirklich jede Kurve und kommt in einem Rutsch rum. Da stört es auch keinen, dass sein 1,4 Liter kleiner Turbo magere 250 Nm an die kleinen Vorderräder wuchtet, von 0 auf 100 immerhin 6,7 Sekunden vergehen oder bei Vollgas gerade mal 225 km/h drin sind. Im Autoquartett mag man damit vielleicht keinen Stich machen, aber wenn der kleine Skorpion hier oben mal den Stachel lökt, nehmen gestandene Sportwagen breitwillig Reißaus. Mehr als einmal rollen Porsche & Co für den kleinen Kugelblitz rechts ran und geben mit einem Winken die schmale Spur frei. Der Fiat dagegen gönnt sich kaum eine Pause. Denn stehen werden Abarth-Fahrer in Zeiten der Elektrifizierung später noch lange genug. Schließlich zählen die Stellantis-Autos an der Ladesäule nicht eben zu den Schnellsten und mit 85 kW ist auch beim Abarth 500e kein Staat zu machen. Doch solange noch Sprit im Tank ist und die Explosionen im Bug für Vortrieb sorgen, sind Pausen nur was für Weicheier. Da mal schnell einen Espresso, dort ein paar Liter Super Plus und wenn die Konzentration irgendwann zu sinken droht, einfach das Dach aufmachen und die kalte Bergluft bläst auch den kleinsten Ansatz von Müdigkeit im Sturm davon. Aber ansonsten bleibt der Bleifuß eisern auf dem Gaspedal und die nächsten Pässe warten schon. Forcula di Livigno , Passo d’Eira, Passo Foscagno und Passo Gavi – so fliegt der Fiat durch den Tag, der irgendwann unmerklich zur Nacht wird und als im Morgengrauen die Rampe zum Stelvio lockt, ist es kein Gähnen im Gesicht, sondern ein Grinsen, das mindestens genauso breit ist. Erstens, weil diese Tour wirklich der Gipfel war. Und zweitens, weil der Stelvio ja nicht der Endpunkt ist, sondern nur die Wendemarke – und bis Turin bei geschickter Routenführung noch einmal ein Dutzend Pässe warten.
Thomas Geiger www.abarth.de
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