Phoenix aus Italien

Ein Traumwagen, der so wohl nie gebaut wird: Die ehrwürdige Marke Lancia zeigt eine Studie mit Namen Pu-Ra HPE. Sie enthält viele Elemente, die sich an den drei neuen å der Marke wiederfinden sollen, deren erstes 2024 erscheint.

Das neue Lancia Concept Car bringt die Zukunftsvision von Lancia durch die Kombination von Design,
Nachhaltigkeit, Technologie und Elektrifizierung zum Ausdruck. Ein ehrgeiziges Ziel für die nächsten 10 Jahre.

Lancia: Immer wieder mal totgesagt, durch Sparmaßnahmen zuletzt nur auf den Kleinwagen Ypsilon zusammengeschrumpft, der auch nur noch in Italien zu haben ist. Jetzt ist wieder Licht an Ende eines langen Tunnels. Lancia wurde wie die Mutterfirma Fiat Teil des neuen Multi-Konzerns Stellantis, zu dem u.a. auch Peugeot, Citroen, Opel oder amerikanische Modelle von Jeep oder Chrysler gehören. Dessen Chefs holten den gerupften Phoenix aus der Asche, wollen ihn zusammen mit den verwandten Marken Alfa Romeo und DS aus Frankreich zur Speerspitze bei der Jagd nach gutsituierten Kunden machen. Darüber an der Spitze der Stellantis-Pyramide rangieren nur noch die Luxus-Modelle von Maserati.
Natürlich werden die künftigen Produkte von Lancia die bestehenden Plattformen und Antriebe der Stellantis-Familie nutzen, die Entwicklung hat schon begonnen. Um heute schon Vorzeigbares zu präsentieren, wurden schon mal die Designer aktiv. Wie sollen so ein Kleinwagen Ypsilon, ein Mittelklasse-Kompakter wie der neu aufgelegte Delta oder gar das Oberklasse-Crossover Gamma aussehen? Genau dazu dient die Studie mit der kryptischen Bezeichnung Pu-Ra HPE, deren nicht serienreife Elemente und Denkansätze sich in den Neuheiten wiederfinden. Pu-RA steht für „pur“ und „radikal“ und gilt als eine Art Leitplanke für die Eigenschaften der Marke. Das Kürzel HPE war in den 70er-Jahren ein Qualitätssiegel heute verblichener Lancias und bedeutete „High-Performance-Estate“, also Hochleistungskombis mit großem Laderaum. Heute wird es die künftigen Italiener als „High Performance Electric“ ausweisen, also Hochleistungs-Elektroautos. Da die Pu-Ra HPE-Studie als komplettes Modell wohl nie in dieser Form das echte Licht der Welt erblicken wird, haben die Designer alle Freiheiten. Wie zum Beispiel bei der Frontpartie. Hier zeichnen dünne LED-Lichtbänder eine Art nach oben geöffneten Blütenkelch nach, der sich unter dem Lancia-Schriftzug öffnet. Nach gleicher Logik sollen die Serienmodelle der nächsten zehn Jahre den Namen in die Welt tragen. Ungewöhnlich
sicherlich das kuppelförmige Dach, das aus der flachen Frontscheibe herauswächst und sich bis zu einem knuffigen Bürzel über die Länge des Innenraums streckt. Auffallend auch das Heckfenster, das von einer Lamellenstruktur durchzogen ist, die 1975 als Erkennungszeichen des Kombi-Coupes Lancia Beta HPE diente.


Unter dem Heckspoiler der Studie sorgen kreisrunde Rückleuchten für eine weitere Hommage: Der legendäre Sport- und Rallyewagen Stratos lässt grüßen. Als Außenfarbe wählten die Designer eine Farbkreation ihrer Vorgänger. Im nahezu gleichen Zartgrün, das heute für Nachhaltigkeit stehen soll, war 1962 auch der zweisitzige Lancia Flaminia Azzurro Vincennes lackiert, ein bekanntes Coupé seiner Epoche. Keine Vorbilder gibt es dagegen für den Ausschnitt des Panorama-Dachs der Studie, dessen Rundform sich auch im Innenraum wiederfindet. Zum Beispiel beim Armaturenträger, von dem eine Hälfte in das Wageninnere eintaucht und dort die große Fläche eines Farbmonitors bildet. Das andere Rundteil schließt sich optisch dann außen vor der Windschutzscheibe wieder zu einem Ganzen.
Weitere Highlights sind das eigenwillig geformte Lenkrad, die gewaltigen Räder mit den einst Lancia-typischen drei Speichen. Ein schwarzer senkrechter Streifen hinter den vorderen Kotflügeln zeigt das neue Lancia-Logo und bietet auch Platz für die Rückspiegel-Kameras, die in den neuen Modellen die klassischen Glasspiegel-Augen ersetzen. Nostalgische Gefühle bedienen dagegen die seitlichen Linien, die zum Hinterteil hin abfallen. Hartgesottenen Fans kommen dabei sofort die früheren Nostalgie-Stars Aurelia und Flaminia in den Sinn.
Die ganze Studie basiert bereits auf dem Unterbau und der elektrische Antriebstechnik des Lancia Ypsilon, dem Premieren-Modell beim Re-Start der Marke. Der kommt im nächsten Jahr als reines E-Auto oder mit Hybrid-Antrieb. Über Fakten und Daten von Batterie und Motor schweigt sich Lancia noch aus, natürlich stammen sie aus dem Stellantis-Regal. Angestrebt ist perspektivisch je nach Modell eine Reichweite von mehr als 700 Kilometern, was mit derzeitiger Technik noch nicht erreichbar ist. Da demnächst die erste Batterieproduktion von Stellantis startet, soll der Weg auch frei sein für künftige „Super“-Batterien.


Fotos: Stellantis/Lancia

Autor: Peter Maahn

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