BMW arbeitet schon lange an der Elektifizierung. Das aktuelle Modellprogramm ist Ausweis der Kompetenz der Münchner.
Noch nie war BMW so stolz auf ein neues Auto“, sagte BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer im Juli 2013 bei der Weltpremiere des vollelektrischen i3 in New York. Das war vielleicht ein wenig übertrieben, die Botschaft jedoch war klar: Bei den Bayerischen Motoren-Werken findet eine Zeitenwende statt, die Elektrifizierung wird zu einem echten Markenschwerpunkt.
Heute, fast sechs Jahre nach seinem Debüt, weisen die Verkaufszahlen des i3 weiter nach oben. Und er wirkt frischer denn je: Die ungewöhnliche und andersartige Formgebung ist 2017 überarbeitet worden und wirkt seitdem sportlicher und eleganter. Für sie sprechen das großzügige Raumangebot und das luftig wirkende Cockpit, dessen Design noch immer begeistert. Der anfangs verfügbare „Range-Extender“, ein als Generator wirkendes Zweizylinder-Aggregat, ist in Deutschland nicht mehr lieferbar. Dafür gibt es deutlich leistungsfähigere Akkumulatoren, mit denen das Auto im NEFZ-Zyklus 359 Kilometer weit kommt; im Alltag entspricht das immer noch rund 260 Kilometern.
Kurz nach dem i3 folgte der Supersportwagen i8, der mit seiner sensationellen Formgebung und den auffälligen Scherentüren noch immer die Blicke auf sich zieht. Formal teilt er Motive mit dem i3, Positionierung und technisches Konzept sehen anders aus: Beim i8 handelt es sich nicht um ein reines Elektroauto, sondern um einen Plug-In-Hybriden, der neben einem 1,5-Liter-Dreizylinder über einen E-Motor verfügt, der auf die Vorderachse wirkt und den i8 bei niedrigen und mittleren Geschwindigkeiten alleine antreiben sowie bei zügiger Fahrt einen erheblichen Zusatzboost bereitstellen kann.
Mit einer Gesamtleistung von 374 PS gehört der i8, den es als Coupé und als Roadster gibt, auf der Autobahn zu den Beherrschern der linken Spur. Reichweitenangst gibt es hier nicht: Primärantrieb ist der Verbrenner, beim Parken kann das Elektrokabel eingestöpselt werden, um dem Akku zusätzliche Reichweite einzuhauchen.
Übrigens wird die Familie der vollelektrischen BMW-Modelle weiter wachsen. Es wird einen sportlichen i4 geben, und eine Variante des X3 mit der Modellbezeichnung iX3 ist fest angekündigt. BMW hat sich mit der nächsten Generation von E-Mobilen im Gegensatz zur Konkurrenz Zeit gelassen, um die Technik reifen zu lassen. Und auch der Markt muss noch reifen, denn welch schwieriges Terrain die E-Mobilität darstellt, erlebt der Wettbewerb gerade mit den Modellen Audi e-tron, Jaguar I-Pace und Mercedes-Benz EQC, die sich nur schleppend verkaufen.
Aber es gibt ja auch noch jene andere, beim i8 umgesetzte Form der Elektrifizierung, die den reinen Elektroautos in mancher Hinsicht nicht nur ebenbürtig, sondern überlegen ist. Die Plug-In-Hybridisierung stellt für die verschiedensten Anwendungsfälle mehr als nur einen Kompromiss dar. Bei diesen Autos wird ein klassischer Verbrennungsmotor mit einem elektrischen Antrieb gekoppelt; die Akkus sind groß genug, um erhebliche Strecken elektrisch zurückzulegen.
Damit genügt die Reichweite in vielen Fällen für die täglichen Besorgungen oder die Fahrt zur Arbeit; je nach Modell sind bis zu 50, teilweise sogar knapp 100 Kilometer möglich. Wird das Auto regelmäßig aufgeladen, etwa am Arbeitsplatz oder an der heimischen Steckdose, so muss der Verbrenner gar nicht mehr angeworfen werden. Der Spritverbrauch und die lokalen Emissionen liegen damit bei null. Dazu ist es allerdings erforderlich, das Auto so oft wie möglich ans Stromnetz anzuschließen, denn wer die Batterie lediglich per Rekuperation auflädt, erzielt allenfalls einen geringen Verbrauchsvorteil. Und wer viel Langstrecke fährt, wird ebenfalls kaum Vorteile erzielen, denn der leergefahrene Akku, meist hunderte Kilo schwer, will weiterhin transportiert werden.
Das Potential eines systematisch ausgenutzten Plug-In-Hybrid spiegelt sich vor allem in den offiziellen Verbrauchswerten wider: Sie liegen je nach
Modell bei rund 2,0 Litern pro 100 Kilometer, teilweise auch darunter. Konsequentes Nachladen an der Steckdose ist allerdings unabdingbar, um diese Werte in der Praxis zu erreichen. Es ist jedenfalls ein besonderes Gefühl, mit einem sechszylindrigen Luxusauto unterwegs zu sein, das offiziell umweltfreundlicher ist als ein ganz normaler Kleinwagen.
Mit i3 und i8 konnte BMW Erfahrungen sammeln, die längst auch den konventionellen Plug-In-Hybriden zugutekommen. Und von denen gibt es in München mittlerweile eine echte Phalanx. Bei allen Plug-In-Hybriden spielt das intelligente Energiemanagement eine zentrale Rolle: Per Elektronik wird das Zusammenspiel der Antriebskomponenten perfekt koordiniert, die Betriebsstrategie greift beispielsweise auch auf Navigationsdaten mit Steigungen und Gefällen zurück, um einen optimalen Wirkungsgrad des Hybridantriebs zu erzielen.
Neben der Hochdach-Limousine 225xe Active Tourer mit Dreizylinder-Motor und Plug-In-Elektrifizierung haben die Münchner den neuen 330e und den 530e im Programm, beide mit Vierzylinder-Motor. Ganz oben rangiert der 745e, der seit der letzten Modellüberarbeitung nicht mehr auf Vierzylinder-Technik setzt, sondern auf dem seidenweichen Sechszylinder-Reihenmotor aufbaut und in dieser Kombination stolze 394 PS erreicht.
Analog zu den klassischen Karosserieformen gibt es inzwischen gleich drei Plug-In-Hybride aus der X-Familie, die bei BMW traditionell als „Sports Activity Vehicle“ bezeichnet werden. Und zu diesen vielseitigen Modellen passt eine Plug-In-Hybridisierung besonders gut.
Den Einstieg bildet hier der BMW X1 xDrive 25e, der auf der sehr erfolgreichen X1-Baureihe aufbaut und die gleiche bewährte UKL-Fahrzeugarchitektur verwendet wie der neue 1er, das 2er Gran Coupé, die Active- und Gran-Tourer-Modelle und der X2. Die Plattform kommt außerdem bei Mini zum Einsatz.
Mit seinem 1,5-Liter-Dreizylinder-Turbo und einem starken Elektromotor liefert der X1 xDrive 25e stolze 220 PS Systemleistung; der Spurt von 0 auf 100 km/h dauert nur 6,9 Sekunden, die abgeregelte Spitze von 192 km/h liegt komfortabel oberhalb der Konkurrenzmodelle etwa von Volvo und auch höher als bei fast allen reinen Elektroautos. Bis zu 57 Kilometer kann der kompakte Allradler elektrisch zurücklegen, der Zyklusverbrauch liegt bei 1,9 Litern Ottokraftstoff pro 100 Kilometer.
Darüber rangiert der X3 xDrive 30e, der mit einem 2,0-Liter-Vierzylinder-Basismotor ausgerüstet ist und eine Systemleistung von 292 PS erzeugt. Er kommt rein elektrisch bis zu 55 Kilometer weit, spurtet in sportwagenverdächtigen 6,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h und regelt erst bei 210 km/h ab. Sein Zyklusverbrauch: Ab 2,1 Litern pro 100 Kilometer. Die absolute Spitze repräsentiert allerdings derzeit der X5 xDrive 45e mit 394 PS Systemleistung; er ist mit dem gleichen Reihen-Sechszylinder ausgerüstet ist wie der 745e. Trotz seines Leergewichts von mehr als 2,5 Tonnen spurtet dieser X5 in nur 5,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h und weiter bis zu einer abgeregelten Spitze von 235 km/. Immerhin 2,7 Tonnen Anhängelast können gezogen werden, und der Gepäckraum lässt sich von 500 auf stolze 1720 Liter erweitern. Maximal 97 Kilometer elektrischer Reichweite sprechen für sich – und sie sorgen dafür, dass der Zyklusverbrauch noch unterhalb seiner kompakteren Geschwister liegt: Dieser X5 ist mit lediglich 1,7 Litern pro 100 Kilometer zertifiziert.
Der Antriebskomfort sucht dabei seinesgleichen: Lautlos schwebt der X5 vom Start davon, der Übergang zum seidenweichen Sechszylinder erfolgt nahtlos. Im Sport-Modus dient der E-Antrieb dazu, die Reflexe der Maschine weiter zu schärfen: Beim leichtesten Druck aufs Gaspedal schießt der X5 xDrive 45e nach vorn, das Drehmoment steht völlig verzögerungsfrei zur Verfügung.
Man darf davon ausgehen, dass in Zukunft weitere Modelle der bajuwarischen Nobelmarke elektrifiziert werden. Denn die Politik hat sich derzeit auf diese Technologie festgelegt, und wenn BMW und Mini weiterhin konventionell angetriebene Modelle verkaufen möchten, ohne hohe Strafzahlungen der EU zu riskieren, müssen sie den Absatz der Hybride und Elektroautos weiter ankurbeln. Dass es sich dabei nicht immer um die günstigsten Modelle handelt, wird gleich zweifach kompensiert: Durch das gute Umweltgewissen – und erkleckliche staatliche Subventionen.
Technische Daten:
BMW X1 xDrive 25e:
- Motor: 3-Zylinder-Plug-In-Hybrid
- Leistung: 162 kW/220 PS
- Max. Drehmoment: 385 Nm
- Getriebe: 8-Gang-Automatik
- Beschleunigung: 6,9 sec
- Top-Speed: 193 km/h
- Länge/Breite/Höhe: 4447/1821/1582 mm
- Verbrauch: 1,9 l/100 km (Benzin)
- CO2-Ausstoß: 43 g/km
- Preis: ab 45.650 Euro
- Information: www.bmw.de
BMW X3 xDrive 30e:
- Motor: 4-Zylinder-Plug-In-Hybrid
- Leistung: 215 kW/292 PS
- Max. Drehmoment: 420 Nm
- Getriebe: 8-Gang-Automatik
- Beschleunigung: 6,1 sec
- Top-Speed: 210 km/h
- Länge/Breite/Höhe: 4922/2004/1745 mm
- Verbrauch: 2,1 l/100 km (Benzin)
- CO2-Ausstoß: 48 g/km
- Preis: ab 57.400 Euro
- Information: www.bmw.de
BMW X3 xDrive 45e:
- Motor: 6-Zylinder-Plug-In-Hybrid
- Leistung: 290 kW/394 PS
- Max. Drehmoment: 600 Nm
- Getriebe: 8-Gang-Automatik
- Beschleunigung: 5,6 sec
- Top-Speed: 235 km/h
- Länge/Breite/Höhe: 4922/2004/1745 mm
- Verbrauch: 1,7 l/100 km (Benzin)
- CO2-Ausstoß: 38 g/km
- Preis: ab 77.300 Euro
- Information: www.bmw.de
Text: Jens Meiners
Bilder: BMW Group