Renault im Motorsport – Tollkühne Helden in französischen Kisten

1956 in Bonneville, USA: Der Etolie Filante schafft 308,85 km/h.
1956 in Bonneville, USA: Der Etolie Filante schafft 308,85 km/h.
Die Brüder Louis und Marcel Renault zählen zu den Motorsportpionieren der französischen Automobilgeschichte. 1899 starteten sie durch und sind mit ihrem Namen noch heute im Motorsport präsent.

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enault kehrt in diesem Jahr im Zuge einer Neuordnung seiner Motorsportaktivitäten mit dem Renault Sport Werksteam in die Formel 1 zurück. Eine sehr lange und aufregende Motorsportgeschichte des Herstellers geht diesem Schritt voraus. Bis zurück in das Jahr 1902 reichen die Erinnerungen. Renault Classic präsentierte im Mai 2016 die Meilensteine seiner Geschichte auf der historischen Rennstrecke in Montlhéry. Nach seiner  originalgetreuen Restaurierung trat dort zum ersten Mal der dreifache Grand-Prix- Sieger Nervasport aus dem Jahr 1934 in Erscheinung. In Deutschland war das blaue Prachtstück bei den Classic Days auf Schloss Dyck im August 2016 bei mehreren  Präsentationsläufen zu bestaunen. Auch drei weitere der legendären Boliden drehten am Schloss Dyck ihre Runden: Der Typ AK, der Renault am 27. Juni 1906 in Le Mans zum Sieg beim Großen Preis von Frankreich verhalf, seine kleine Schwester „Agatha“, von der bis heute nur sechs Fahrzeuge  überlebten, und der 40 CV, der im Jahr 1926 mit einer aerodynamisch verkleideten Monoposto-Karosserie ins Rennen ging.

Renault Motorsport Historie

1906

Nach dem tödlichen Unfall seines Bruders Marcel beim Rennen Paris-Madrid 1903 engagiert sich Louis Renault weiterhin im Motorsport, indem er Werksfahrer engagiert. Einer davon, der Ungar Ferenc Szisz, siegt vor 110 Jahren am 27. Juni 1906 beim Großen Preis von Frankreich. Diesen ersten Grand Prix der Geschichte gewinnt Szisz in einem 90 P S (66 kW) starken Zweisitzer mit 12,9 Liter Hubraum und der damals sagenhaften Höchstgeschwindigkeit von 154 km/h.

1906: Typ AK, Sieg beim Grand Prix von Frankreich.
1906: Typ AK, Sieg beim Grand Prix von Frankreich.
1925

Sieg der Rallye Monte Carlo mit einem 130 P S starken und durch eine 9,1-Liter-Maschine angetriebenen Renault 40 CV im Serien-Trimm.

1926

Ein gewichtsoptimierter 40 CV-Einsitzer, der Typ NM, siegt auf der neu eröffneten Hochgeschwindigkeitsstrecke von Montlhéry und er zielt den 24-Stunden-Weltrekord von 4.167,78 Kilometern mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 173,649 km/h.

1934: Nervasport-Rekordwagen.
1934: Nervasport-Rekordwagen.
1934

Ein stromlinienförmig verkleideter Nervasport mit Reihenachtzylinder und zwischen 4 ,2 und 5,4 Liter Hubraum fährt auf der Rennstrecke von Montlhéry einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord ein: In 4 8 Stunden legt der Bolide mehr als 8.000 Kilometer zurück. Die gemessene Höchstgeschwindigkeit übertrifft die 200-km/h-Marke.

1935

Mit dem zweiten Gewinn der Rallye Monte Carlo für Renault im Januar 1935, dem Sieg bei der Fernfahrt Liège-Rom-Liège im gleichen Jahr und zahlreichen weiteren guten Platzierungen bestätigt der Nervasport sein sportliches Potenzial und seine enorme Haltbarkeit.

Dieser Nervasport gewann 1935 die Rallye Monte Carlo.
Dieser Nervasport gewann 1935 die Rallye Monte Carlo.
1956

Das Gasturbinen-Fahrzeug „Etoile Filante“ („Sternschnuppe“) stellt auf dem Bonneville International Speedway in Utah mit 308,85 km/h einen neuen Geschwindigkeitsrekord in seiner Klasse auf. Sein mit Kerosin betriebenes Antriebssystem mobilisiert 270 PS bei 28.000 U/min. Mindestens ebenso spektakulär ist die Stromlinienkarosserie aus Kunststoff mit zwei großen Finnen im Stil eines Flugzeugs. Im selben Jahr siegt die kleine Heckmotorlimousine Dauphine in ihrer Klasse bei der „Mille Miglia“ und gewinnt in ihrer Kategorie auch die prestigeträchtige „Tour de France Automobile“. 1957 erringt sie einen Vierfachsieg in ihrer Klasse bei der Mille Miglia. Und im Januar 1958 gewinnen mit ihr Guy Monraisse und Jacques Féret sogar die Gesamtwertung bei der Rallye Monte Carlo. Nie zuvor war ein Wagen mit so kleinem Hubraum — gerade einmal 850 Kubikzentimeter — bei diesem Rennen so erfolgreich.

Amédée Gordini neben einem R8 Gordini.
Amédée Gordini neben einem R8 Gordini.
1957

Seit 1957 entwickelt der frühere Formel 1-Rennstallbesitzer und geniale Motorenzauberer Amédée Gordini im Auftrag von Renault leistungsgesteigerte Varianten der Dauphine. Die Dauphine- Gordini steht für Motorsport zu erschwinglichen Kosten und gilt damit als legitime Vorläuferin späterer Kompaktsportler wie Mégane Renault Sport und Clio Renault Sport. Die Werkstatt Gordinis in Paris wird der Renault Entwicklungsabteilung unterstellt. Im Gegenzug vergütet Renault dem „Hexenmeister“ alle Investitionen — der Beginn einer erfolgreichen Partnerschaft. Der begnadete Motorentüftler landet 1964 mit dem Renault 8 Gordini einen großen Coup. Die Sportversion der kleinen Familienlimousine nimmt es mit 1 70 km/h Spitze und der Wendigkeit eines Gokarts selbst mit weitaus potenter motorisierten Sportwagen auf und sammelt Podestplätze bei Rallyes sowie Berg und Rundstreckenrennen. Noch in anderer Hinsicht schreibt der „Gorde“, wie er von seinen vielen Fans zärtlich genannt wird, Geschichte: 1966 ruft Renault mit dem Modell die Mutter aller späteren Markenpokale ins Leben, den „Coupe Gordini“. Der Vierzylinder des Renault 8 Gordini treibt 1968 auch die ersten Monoposti der Formule France an. Die 1971 in Formel Renault umbenannte und mit den Triebwerken des Renault 12 Gordini ausgestattete Rennserie wird sich in den Folgejahren zur Talentschmiede für spätere Formel 1-Stars entwickeln. In ihr sammeln Weltmeister wie Alain Prost, Sebastian Vettel, Kimi Raikkönen und Lewis Hamilton erste Erfahrungen im Formel-Sport.

1978

Mit den 24 Stunden von Le Mans sucht sich Renault Sport ab 1976 eine neue Herausforderung. Nach zwei Anläufen gelingt 1978 Didier Pironi und Jean- Pierre Jaussaud in der Alpine A 442 beim härtesten Langstreckenrennen der Welt der heiß ersehnte Sieg. Auch in der Formel 2 Europameisterschaft erntet der 2,0-Liter-V6 seit dem Jahr 1976 Rennsportlorbeeren, hier allerdings ohne Turboaufladung.

1979

Für die darauffolgende Saison entwickelt Renault den RS10 mit modernem Ground-Effect-Chassis. Auch beim Motor gibt es eine entscheidende Änderung: Das Triebwerk verfügt nun über zwei kleinere Turbolader anstelle eines großen Laders, wodurch sich das Ansprechverhalten entscheidend verbessert. Außerdem ermöglicht die Doppelturbo-Technik höhere Drehzahlen und damit mehr Leistung. Mit dem neuen Motor und dem neuen Fahrzeug gelingt den Turbopionieren von Renault am 1. Juli 1979 beim Großen Preis von Frankreich in Dijon endlich der erste Formel 1-Sieg. Bereits in der Folgesaison erzielt die Equipe Renault dank Turbo-Power drei Siege und Platz vier in der  Konstrukteurswertung. 1983 schließlich beendet Renault die Weltmeisterschaft nach vier Siegen, drei zweiten Plätzen und vier dritten Plätzen auf Platz zwei.

2016

Renault kehrt mit einem Werksteam in die Formel 1 zurück. Das erneute Engagement in der Königsklasse ist ein weiterer Meilenstein in der großen Motorsporttradition des Unternehmens. Der Rennsport hat seit über 115 Jahren eine zentrale Bedeutung für Renault. Fast genauso lange wie der französische Hersteller existiert, gehen in seinem Namen bereits Fahrzeuge bei Rallyes, Straßen- und Rundstreckenrennen an den Start. Insgesamt zwölf Konstrukteurs- und elf Fahrertitel in der Formel 1, sechs Siege bei der Rallye Monte Carlo sowie Triumphe bei der Rallye Paris- Dakar und den 2 4 Stunden von Le Mans zeugen von der erfolgreichen Motorsporthistorie der Marke.

Renault hält elf Konstrukteurs- und elf Fahrertitel in der Formel 1.
Renault hält elf Konstrukteurs- und elf Fahrertitel in der Formel 1.
Rallye- Sport

Renault siegt 1971 und 1973 mit der Alpine A 1 10 bei der Rallye Monte Carlo. Auch die Rallye-Weltmeisterschaft 1973 geht an die Alpine A110. 1981 wiederholt das Unternehmen mit dem spektakulären Renault 5 Turbo den Triumph in Monte Carlo. Bei der Rallye Paris-Dakar sorgen Renault Fahrzeuge ebenfalls für Aufsehen: Gleich bei der ersten Auflage des Offroad-Spektakels belegen die Brüder Bernard und Claude Marreau 1979 in einer Sonderversion des Renault 4 Sinpar 4×4 den zweiten Platz im Gesamtklassement. 1982 starten die Marreaus mit einem Renault 20 in die Wüste. Mit der gutbürgerlichen Schräghecklimousine hat der Wagen freilich nur noch die äußere Hülle und vereinzelte Reste der Inneneinrichtung gemein. Das Chassis und der getunte Motor stammen vom Renault 18 Turbo. Im Unterschied zur Serie verfügt die hochbeinige Wüstenlimousine außerdem über permanenten Allradantrieb. Mit dieser Kombination und ihrer Erfahrung erringen die „Wüstenfüchse“ im vierten Anlauf den Gesamtsieg bei der Rallye Paris-Dakar.

Text: Renate Freiling
Fotos: Renault Deutschland AG, Renault Communications/Rights reserved (Gordini-Bild)

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